Verlagerung der Wiedererweckungsbewegung
Bevor Mr. Walters’ Studie erschien, lehrten die Mormonenschreiber, dass die Wiedererweckung direkt in Palmyra stattfand, aber da das mormonische Forschungsteam nicht in der Lage gewesen ist, Beweise für eine Wiedererweckung in Palmyra zu finden, beginnen jetzt Mormonenapologeten, Palmyra aufzugeben und woanders nach einer Wiedererweckungsbewegung zu suchen. Lauritz G. Petersen, Forschungsbeauftragter des Kirchengeschichtsschreiber-Büros, machte in einem Brief vom 1. Nov. 1968 folgende Aussage:
“Nun lassen Sie mich eine Frage stellen. Wo war die Wiedererweckungsbewegung? In Palmyra? Er erwähnte überhaupt gar keine Wiedererweckungsbewegung. Er erwähnte eine ungewöhnliche Aufregung im ‚Gesamten Distrikt des Landes’. Könnte eine Aufregung von einer Wiedererweckungsbewegung in der Nähe des Gebietes verursacht worden sein? Er erwähnte nicht, bei einer Wiedererweckungsbewegung gewesen zu sein. Wenn es irgendwo außerhalb von Palmyra eine Wiedererweckungsbewegung gegeben hätte und die Nachricht darüber das Dorf schon in Aufregung versetzt hätte, würde oder könnte es möglich sein, dass die Familie Smith dorthin gereist war, um Root Beer und Kuchen zu verkaufen?“ (Brief von Lauritz G. Petersen, 1. Nov. 1968)
Obwohl es wahr ist, dass Joseph Smith nicht das Wort “Palmyra” benutzt, macht seine Beschreibung sehr deutlich, dass er sich auf dieses Gebiet bezieht. Er erklärt: „an dem Ort, wo wir wohnten, gab es eine ungewöhnliche Aufregung über das Thema Religion“. (History of the Church, Bd. 1, S. 2) 1843 sagte Joseph Smith einem Reporter, dass die Wiedererweckungsbewegung direkt in seiner “Nachbarschaft“ stattfand: „Es gab eine Reformation unter den verschiedenen Bekenntnissen in der Nachbarschaft, wo wir lebten, und ich wurde nachdenklich und wünschte zu wissen, welcher Kirche ich mich anschließen sollte.“ (New York Spectator, 23. Sept. 1843, wie in Joseph Smith the Prophet, von Preston Nibley, S. 30-31 zitiert)
Da Joseph Smith sagte, dass die Wiedererweckungsbewegung in “der Nachbarschaft, wo ich lebte“, stattfand, meinen wir, dass er sich auf Palmyra bezogen haben muss. Ferner erklärte die „Geschichte vom Beginn der Kirche“, veröffentlicht im Messenger and Advocate—das offizielle Organ der Kirche—1834-35 deutlich, dass die Wiedererweckungsbewegung in „Palmyra und Umgebung“ stattfand (Messenger and Advocate, Bd. 1, S. 42). Der Mormonenhistoriker B. H. Roberts erklärte definitiv, dass die Wiedererweckungsbewegung in „Palmyra“ war (Comprehensive History of the Church, Bd. 1, S. 35). Auf Seite 51 desselben Bandes behauptete Mr. Roberts, dass die „Kirchen in und um Palmyra über eine ‚vereinte Wiedererweckung’ entschieden, um ‚die Unbekehrten zu bekehren’.“
Da die Mormonenapologeten nicht in der Lage gewesen sind, zu beweisen, dass die Wiedererweckungsbewegung in Palmyra stattfand, haben sie versucht, Gründe zu finden, warum Joseph Smith in einer anderen Stadt gewesen wäre. Einige Mormonenschreiber haben vorgeschlagen, dass Joseph Smith bei Konferenzversammlungen in Vienna (jetzt als Phelphs bekannt) anwesend gewesen sein könnte. Wesley P. Walters hat aber auf dieses Argument in Dialogue: A Journal of Mormon Thought, Frühjahr 1969, Seite 69, geantwortet.
Mormonenschreiber versuchen nicht nur, den Ort der Wiedererweckung von Palmyra nach Vienna zu verlegen, sondern sie versuchen auch, das Datum der Wiedererweckungsbewegung zu ändern. In der Vergangenheit wurde gelehrt, dass die Wiedererweckungsbewegung 1820 stattfand. Joseph Smith erklärte, dass er zur Zeit der Aufregung in seinem „fünfzehnten Jahr“ war. (History of the Church, Bd. 1, S. 3) Auch hatte er seine erste Vision “früh im Frühling achtzehnhundertundzwanzig“. Der Mormonenhistoriker B. H. Roberts datierte die Wiedererweckungsbewegung in das „Frühjahr 1820“ (Comprehensive History of the Church, Bd. 1, S. 51) Der Apostel John A. Widtsoe erklärte: „Palmyra, ein Dorf im westlichen Staat New York, in der Nähe seines Heims, wurde im Winter und Frühjahr 1820 von einer religiösen Wiedererweckungsbewegung überrollt.“ (Joseph Smith--Seeker After Truth, Seite 1) Viele andere Verweise könnten zitiert werden, aber diese sind genug, im zu veranschaulichen, dass die Mormonenführer immer gelehrt haben, dass die Wiedererweckungsbewegung 1820 stattfand. Dass sie versuchen, dieses Datum zu revidieren wird aus Richard Bushmans Antwort auf Mr. Walters deutlich, denn er spricht von der „Frage einer Wiedererweckungsbewegung im Jahr 1819“ (Dialogue, Frühjahr 1969, S. 83). In seinem Buch Joseph Smith--the Man and the Seer behauptete Hyrum L. Andrus, dass die Wiedererweckungsbewegung im „Frühjahr 1820“ stattfand (Seite 63). In seinem neuesten Buch spricht Andrus aber von der Wiedererweckungsbewegung als „die Wiedererweckungsbewegung von 1819-1820“ (God, Man and the Universe, 1968, S. 42) und auf Seite 41 desselben Buches finden wir folgende Aussage: „Joseph Smith nahm offensichtlich an den methodistischen Wiedererweckungsbewegungs-Versammlungen in den Wäldern in der Nähe von Vienna im Sommer 1819 teil.“
Obwohl Dr. Andrus immer noch behauptet, dass die Wiedererweckungsbewegung nach Palmyra kam, kann man deutlich sehen, dass er die Tatsache wegzuerklären versucht, dass die Kirchen in Palmyra an Mitgliederzahl nicht zunahmen, wie es geschehen wäre, wenn tatsächlich eine Wiedererweckungsbewegung stattgefunden hätte:
„Es gibt einige Besonderheiten an der Wiedererweckungsbewegung von 1819-1820, die sie negativ verlaufen ließen, insbesondere im Gebiet von Manchester und Palmyra… Joseph Smith schrieb, dass ‚große Massen sich zu den verschiedenen religiösen Gruppen zusammenschlossen, die keine geringe Unruhe und Teilung unter den Leuten schufen’. Dies bedeutet nicht unbedingt, dass sie Mitglieder der bestehenden Kirchen wurden… Die Wiedererweckungsbewegung von 1819-1820 war eine fehlgeschlagene Sache, die wenig positive Ergebnisse für die existierenden Kirchen brachte.“ (God, Man, and the Universe, S. 42-43)
Wesley P. Walters macht folgende interessante Bemerkung in Bezug auf dieses Argument:
„Ein zweiter Versuch behauptet, dass die Wiedererweckungsbewegung in einiger Entfernung vom Gebiet, wo die Smiths wohnten, stattfand, dass sie beträchtliche Unruhe in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft verursachte, aber ‚negativ’ endete. Sie hinterließ konsequenterweise keine Spuren weder in den lokalen noch in den kirchlichen Zeitungen von 1820 oder in den Zahlen der wirklichen Mitgliederzuwächse für die Kirchen des Palmyra- und Manchestergebiets… Der Punkt der Geschichte des Propheten ist nicht, dass in jenem Jahr Wiedererweckungsbewegungen im gesamten Staat stattfanden – denn dies war in jedem Jahr wahr. Sein Punkt war, dass ‚eine ungewöhnliche Aufregung’ direkt dort ‚an dem Ort, wo wir lebten’ stattfand. Eine Menge seiner Nachbarn wurden zu ‚Bekehrten’ und ‚vereinten sich’ mit den verschiedenen Kirchen seiner Gemeinde und diese Situation war es, die ihn dazu führte, zu fragen: ‚Welcher soll ich mich anschließen?’…
Ferner wird von denen vorgeschlagen, die sich mit dieser Methode dem Problem nähern, dass Joseph, als er von großen Mengen sprach, ’die sich mit den verschiedenen religiösen Gruppen vereinigten’, nicht zwangsläufig meinte, dass sie sich den verschiedenen Kirchen anschlossen, sondern dass sie sich eher in kleine Gruppen spalteten, die in einer allgemeinen Kontroverse lediglich Partei ergriffen. Solch eine Konstruktion auf das Wort ‚Gruppen’ aufzubauen, hieße zu versäumen, zu beachten, dass der Prophet genau diesen Begriff verwendete, um sich auf die verschiedenen Bekenntnisse zu beziehen. Im ‚Krieg der Worte’ unter den Presbyterianern, Baptisten und Methodisten spricht Joseph von den Bekenntnissen als solche, ‚die sich bemühen, ihre eigenen Lehren hoch zu halten und alle anderen zu widerlegen’, und dies führt ihn zur Frage: ‚Welche von all diesen Gruppen hat Recht?’ Selbst Mitglieder seiner eigenen Familie sind zum Presbyterianerglauben ‚bekehrt’ worden, während sich die ‚Bekehrten’ auf die verschiedenen Gruppen verteilten. Dass sich diese Bekehrten tatsächlich Kirchen in Palmyra und Umgebung anschlossen, wird deutlich gemacht, wenn der Cowdery-Smith-Bericht erklärt, dass ‚die Methodisten-, Presbyterianer- und Baptistengemeinden großen Zuwachs bekamen’. Vorzuschlagen, dass diese Mengen sich nur mit verschiedenen sich bekämpfenden Gruppen verbündeten und dass deswegen die Wiedererweckungsbewegung ‚fehlgeschlagen’ war und ‚negativ’ endete, bedeutet, dass man vollständig einen der Hauptpunkte in Josephs Erzählung verfehlte. Der gesamte Sinn seiner Geschichte ist, dass direkt dort, wo er wohnte, sich Mengen den verschiedenen Kirchen anschlossen, aber mit so viel Konflikt in ihren Lehren, dass er nicht wusste, welcher er sich anschließen sollte. Das Jahr 1820 war aber nicht die Periode, als irgendwelche große Mengen sich den Kirchen in Palmyra und Umgebung anschlossen. Erst bei der Wiedererweckung 1824-25 finden wir eine Situation vor, die auf die Bedingungen zutrifft, die in dieser offiziellen Geschichte von der ersten Vision beschrieben wird.“ (Dialogue: A Journal of Mormon Thought, Frühjahr 1969, S. 68-70)
Indem er versucht, das Fehlen von Beweisen für eine Wiedererweckungsbewegung zu erklären, sagt Richard L. Bushman: „Die zweite in Betracht kommende Möglichkeit ist, dass Mitgliederzuwächse nicht zwangsläufig der Maßstab für die Intensität einer Wiedererweckungsbewegung sind… Es könnte eine ungewöhnliche Aufregung über Religion gegeben haben und bei der sich eigentlich nur wenige Leute für eine Aufnahme qualifizierten. Hohe Mitgliederzuwächse sind ein gutes Zeichen für eine Wiedererweckungsbewegung; ein Ausbleiben von Zugängen bedeutet nicht zwangsläufig, dass es keine religiöse Aufregung gab… Die ‚großen Massen’, die sich Kirchen anschlossen, traten im ‚gesamten Distrikt des Landes’ auf. Die Aufregung mag eine Erweckungsbewegung oder eine Aussicht auf eine Wiedererweckung gewesen sein, keine Ausgießung der Gnade an sich, mit dem daraus folgenden Zuwachs an Mitgliedern und Berichten in der religiösen Presse.“ (Dialogue: A Journal of Mormon Thought, Frühjahr 1969, Seite 88)
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